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Metallberufe ohne Grenzen

Ausbildung in Metallberufen mit und ohne Grenzen in der Region Achterhoek


Seit Ende 2009 wird ein innovatives Projekt der grenzüberschreitenden Ausbildung in der Region Achterhoek mit INTERREG-Mitteln unterstützt.

 

Die Ausbildung im Nachbarland zu absolvieren, war auch für die jungen Menschen der Region Achterhoek eine Hürde, die nur selten übersprungen wurde.
Mit einer neuen Projektidee ist es jetzt gelungen jährlich etwa 15 junge Menschen aus der Region Bocholt dazu zu bewegen, im Nachbarland eine Ausbildung zu beginnen. Vorphasen dieses Projektes laufen schon seit  2007. Die Projektpartner Bedrijfstaakschool Anton Tijdink, Graafschap College Doetinchem und das Berufskolleg Bocholt-West haben dieses Projekt aufgrund einer  "Notsituation" ins Leben gerufen und führen es nun mit finanzieller europäischer Unterstützung weiter.

 

Das Berufskolleg Bocholt-West hat für diejenigen Schülerinnen und Schüler, die keinen Ausbildungsplatz erhalten haben, Berufsgrundschuljahre in verschiedenen Berufsfeldern eingerichtet. Diese einjährige Qualifikationsphase führt nicht in allen Fällen dazu, dass im Anschluss an das Berufsgrundschuljahr ein Ausbildungsplatz besetzt werden kann, da auch in dieser Region ein Mangel an Ausbildungsplätzten zu verzeichnen ist.
Genau umgekehrt ist die Lage im Nachbarland. Niederländische Betriebe suchen  mit aller Kraft junge Menschen, die eine Ausbildung im Metallbereich anstreben. Gerade in dieser Region macht sich der demografische Wandel jetzt schon stark bemerkbar, Ausbildungsplätze können nicht besetzt werden.
Mit diesem Projekt gelingt  es für beide Seiten der Grenze einen Beitrag zur Entspannung der Ausbildungsplatzsituation zu leisten. Auf deutscher Seite werden junge Menschen mit Ausbildungsplätzen versorgt und auf niederländischer Seite werden freie Ausbildungsplätze besetzt.

Die  Idee klingt einfach, doch wie so oft liegen die Tücken im Detail. Die Probleme, die die Projektpartner lange Zeit beschäftigt haben und auch im weiteren Projektverlauf noch weiter beschäftigen werden, sind beispielsweise:

  • ·         die Entwicklung einer ausreichenden Sprachkompetenz für die Teilnehmer
  • ·         die Integration einer deutschen Schülergruppe in eine niederländische Fachklasse
  • ·         die Integration in eine andere Sozial- und Betriebskultur
  • ·         die Anerkennung von niederländischen Berufsabschlüssen in Deutschland

 

Der aktuelle Projektablaufplan versucht die o.a. Problemstellungen zu erfassen und sieht wie folgt aus:

Zu Beginn eines jeden Schuljahres wird am Berufskolleg Bocholt-West eine Lerngruppe im Metallbereich gebildet, die nach intensiver Beratung erklärt, dass sie möglicherweise in den Niederlanden eine Ausbildung beginnen möchten. Diese Lerngruppe erhält ein besonderes Lernangebot, das zusätzlichen Niederländischunterricht und die Möglichkeit  eines Betriebspraktikums  in den Niederlanden enthält.
Diejenigen, die am Ende des Schuljahres ein Fremdsprachenzertifikat auf der Stufe II erreichen, erhalten in der Regel von der Bedrijfstaakschool Anton Tijdink in Terborg ein Angebot für einen Ausbildungsvertrag. Diejenigen, die das Sprachzertifikat nicht erreichen und die dennoch in den Niederlanden eine Ausbildung machen wollen können in einen Vertrag in einer Art "Vorklasse" als AOP Assistent erhalten. Diese Gruppe hat dann ein Jahr Zeit, um die Sprachkompetenzen zu erwerben.
Während der Ausbildung in den Niederlanden erhalten die Auszubildenden weiterhin Niederländischunterricht und besondere Stützangebote. Sie besuchen im Rahmen ihrer Ausbildung mit den niederländischen Auszubildenden gemeinsam eine Fachklasse am Graafschap College in Doetinchem.

Nach zwei Jahren Ausbildungszeit erfolgt eine Prüfung auf dem Niveau II einer niederländischen Berufsausbildung.
Im Sommer 2009 haben die ersten Teilnehmer  die niederländische Berufsausbildung erfolgreich abgeschlossen und arbeiten dort als Facharbeiter oder setzen ihre  Ausbildung in der Niveaustufe III fort.

Die Fragestellung nach Rückkehrmöglichkeiten in den deutschen  Arbeitsmarkt ist die größte Hürde, die noch zu nehmen ist, denn es  gibt zwischen den Niederlanden und Deutschland kein bilaterales Abkommen zur gegenseitigen Anerkennung von Berufsabschlüssen, weil die Rahmenbedingungen, unter denen Berufsausbildung in beiden Ländern ablaufen, zu verschieden sind. Es gibt auch aktuell noch keine nutzbaren Dokumentationen oder Vergleichsstudien, die einen exakten Abgleich zwischen deutschen und niederländischen Inhalten einer beruflichen Ausbildung ermöglichen.

Im Projekt wird auf zwei Ebenen an diesen Problem gearbeitet.

Auf der einen Ebene arbeiten die Projektpartner mit den jeweils zertifizierenden Stellen der Länder an einem exemplarischen Vergleich  der Ausbildungsinhalte in Schwerpunktsberufen des Berufsfeldes Metall (z. B. Industriemechaniker, Zerspanungsmechaniker, Mechatroniker).

Parallel dazu sollen aber auch die jetzigen Projektteilnehmer Möglichkeiten erhalten, ihre in den Niederlanden erworbenen beruflichen Kompetenzen auf dem  deutschen Arbeitsmarkt zu nutzen.

Die IHK Westfalen Nord lässt die erfolgreichen Teilnehmer einer niederländischen Berufsausbildung im Berufsfeld Metall im Rahmen der Externenprüfung im IHK-Ausbildungsberuf Teilezurichter zu. Dieser Ausbildungsberuf entspricht sowohl im zeitlichen Umfang als auch in den inhaltlichen Schwerpunkten der niederländischen Ausbildung im Niveau II im Metallbereich. Interessanterweise wir diese Möglichkeit der Doppelqualifizierung verstärkt von Jugendlichen mit Migrationshintergrund in Anspruch genommen.

 

Den Projektteilnehmern, die das Berufsgrundschuljahr erfolgreich absolviert haben, 

 

wird eine Verkürzung der für die Zulassung zur Externenprüfung  erforderlichen Beschäftigungszeit eingeräumt. Das hat zur Folge, dass diese Teilnehmer die Möglichkeit haben, nach zwei Jahren Ausbildungszeit  zwei Prüfungsdiplome erhalten können.
Mit Beginn des zweiten Schulhalbjahres  besuchen die Auszubildenden des jeweiligen Abschlussjahrganges, die beide Prüfungsdiplome erhalten wollen, wieder für einen  Tag in der Woche das Berufskolleg Bocholt-West, um auf die IHK-Teilezurichter Prüfung vorbereitet zu werden.

In den Jahren 2009 bis 2012 haben insgesamt 53 Schülerinnen und Schüler an dieser Maßnahme teilgenommen.